
Eine neue Ära der Sicherheit einzuläuten verspricht Volvo mit seinem neuen EX90. Der rein elektrisch betriebene Siebensitzer ist das erste Modell der Marke, das auf der selbst entwickelten
Technik- und Fahrzeugarchitektur SPA2 (Scalable Product Architecture 2) basiert. Dahinter verbirgt sich die Kombination moderner Computer-Hardware, Software und Sensorik mit dem Ziel, künftig Unfälle zu vermeiden. Das wäre eine weitere Vorstufe zum autonomen Fahren.
Um das zu erreichen, haben die Schweden ihr Premium-SUV mit einer Art optischem Schutzschild aus acht Kameras, fünf Radareinheiten und 12 Ultraschallsensoren umgeben, die auf 360 Grad den kompletten Raum um das Fahrzeug herum überwachen – und das laut Volvo bei allen Lichtbedingungen und Geschwindigkeiten. Zum Konzept der neuen Plattform gehört dabei auch, dass die Daten der verschiedenen Sensoren nicht mehr an einzelne Steuerelemente übertragen werden, sondern von zwei zentralen Hochleistungsrechnern verarbeitet werden, die der EX90 an Bord hat. Diese verarbeiten unglaubliche 280 Billionen Operationen pro Sekunde und reagieren entsprechend schnell auf verschiedene Fahrsituationen. Neben einer virtuellen Rundumsicht um das Fahrzeug lässt sich in der digitalen Instrumententafel auch eine Funktion auswählen, bei der das eigene Auto und die umgebenden Fahrzeuge schematisch dargestellt werden. Auf diese Weise können etwa von hinten heranfahrende Fahrzeuge schon gesehen werden, obwohl sie noch nicht im Blickfeld des Fahrers sind.

Das Herzstück der modernen Erkennungstechnologie im EX90 bildet ein Lidar-System (Light Detection and Ranging), das präzise den Abstand und die Geschwindigkeit des vorausfahrenden und entgegenkommenden Verkehrs misst und dadurch im Bedarfsfall eingreifen kann, um drohende Kollisionen zu verhindern. Dabei erfassen die Sensoren aber nicht nur fahrende und stehende Fahrzeuge wie Pkw, Lkw, Busse, Motorräder, Motorroller und Radfahrer, sondern auch Fußgänger und sogar größere Tiere wie zum Beispiel Rehe, Hirsche, Wildschweine, Kühe oder Pferde. Neben einem automatischen Bremseingriff kann das System den Fahrer bei einem Ausweichmanöver durch einen leichten Lenkeingriff unterstützen oder ein bereits eingeleitetes Ausweichmanöver optimieren. Drohende Zusammenstöße mit entgegenkommenden Fahrzeugen beim Linksabbiegen – ein sowohl im Stadtverkehr als auch auf Landstraßen typisches Unfallszenario – verhindert der Kreuzungs-Bremsassistent. Weitere Assistenzsysteme verhindern beispielsweise ein Abkommen von der Fahrbahn, Kollisionen beim Spurwechsel oder Zusammenstöße mit Fahrzeugen, die dem Volvo EX90 auf der gleichen Spur entgegenkommen. Auf diese Weise sollen die Anzahl der Unfälle mit einem schweren Ausgang um bis zu 20 Prozent reduziert werden.
Auch der Innenraum wird überwacht
Doch nicht nur der Raum um das Fahrzeug außen wird überwacht – auch im Innenraum gibt es Sensoren, die den Zustand des Fahrers überwachen. So beobachtet das System zum Beispiel, wohin der Fahrer schaut und wie oft und wie lange seine Augen geschlossen sind und berechnet daraus dessen Leistungsfähigkeit. Dadurch sollen zum Beispiel Übermüdungs- oder Ablenkungsunfälle vermieden werden. Daneben überwacht ein weiteres System den Innenraum des Fahrzeugs daraufhin, ob beim Verlassen menschliche oder tierische Passagiere unbeaufsichtigt zurückgelassen werden. In diesem Falle lässt sich das Fahrzeug nicht verriegeln. Damit trägt Volvo jenen Fällen Rechnung, in denen etwa Hundebesitzer ihren Vierbeiner an heißen Tagen im Auto zurücklassen und dem Tier dadurch ein gesundheitlicher Schaden droht.
Ebenfalls an Bord ist die neue Generation des Fahrerassistenzsystems Pilot Assist, das bis zu einer Geschwindigkeit von 150 km/h automatisch aktiviert ist. Es sorgt dafür, dass eine eingestellte Geschwindigkeit beibehalten beziehungsweise abhängig von langsamer vorausfahrenden Fahrzeugen reduziert wird, ohne dass dafür ein adaptiver Tempomat aktiviert werden müsste.
All das funktionierte bei den Testfahrten erstaunlich gut und präzise und sorgte für einige Aha-Effekte. Allerdings hat diese Fülle an Technik auch eine Kehrseite. So lassen sich sämtliche Funktionen im neuen EX90 nur über den Touch-Display in der Mittelkonsole bedienen – selbst das Einstellen der Außenspiegel oder das Öffnen des Handschuhfaches. Das geht letztlich zu Kosten einer schnellen und einfachen Bedienbarkeit. Außerdem bleibt eine Unbekannte, wie anfällig das zentrale Computersystem für Fehler und Defekte ist und wie sich das auf die Fahrtüchtigkeit des Wagens auswirkt.
Der vollelektrische Volvo EX90 ist in drei Leistungsstufen von 279, 408 und 517 PS erhältlich. Der Einstiegspreis in der niedrigsten Ausstattungslinie Core liegt bei 83.700 Euro. Voll ausgestattet werden für die leistungsstärkste Version 107.400 Euro fällig.