Irgendwie wiederholt sich in Wolfsburg gerade wieder ein Stück Geschichte. Als Volkswagen vor 45 Jahren den ersten Golf zu den Händlern rollte, befand sich der Konzern in einer tiefen Krise. Das offensichtlich zu lange Festhalten am Technik-Fossil Käfer hatte das Unternehmen, das wie kein anderes das deutsche Wirtschaftswunder verkörperte, in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht. Und so lagen alle Hoffnungen auf dem neuen Modell. Frontantrieb und große Heckklappe, gepaart mit der Zuverlässigkeit des Käfers, erwiesen sich schnell als Erfolgsformel, und der Golf schuf bald ein eigenständiges Segment: Die „Golf-Klasse“ beherrscht bis heute die deutsche Zulassungsstatistik.

Nun geht die achte Golf-Generation an den Start, und wieder sind die Erwartungen groß. Der Konzern steht wie die gesamte Industrie vor einer bedeutenden Weichenstellung, und dabei spielt der Golf 8 eine entscheidende Rolle. Damit die Vision einer elektrischen Zukunft von Volkswagen-Vorstandschef Dr. Herbert Diess Wirklichkeit wird, muss der neue Golf einen Kapitalbeitrag einspielen, um den radikalen Kurswechsel zu finanzieren.
Und wohl auch deshalb gestaltete Volkswagen die Präsentation des Hoffnungsträgers in der Wolfsburger Autostadt nicht als nüchterne Vorstellung, sondern als Gala-Showevent und brachte jede Menge Prominenz auf die Bühne am Mittellandkanal. Von Sänger Peter Maffay über die Schauspieler Christian Berkel, Andrea Sawatzki und Max von Thun, über den Regisseur Oliver Berben und den Rennfahrer Hans-Joachim Stuck bis zu Fußball-Bundestrainer Joachim Löw, dem früheren Nationalspieler Pierre Littbarski sowie Fußballerinnen des VfL Wolfsburg erzählten alle begeistert über Erlebnisse mit ihrem Golf. Angesichts dieser massiven Promidichte kannte die Begeisterung der geladenen Gäste aus 20 Ländern keine Grenzen. Und da stand der neue Golf noch nicht einmal auf der Bühne.
Besonderer Moment, spezielles Ereignis
„Die Präsentation des Golf 8 ist“, so Volkswagen-Chef Diess doppeldeutig, „ein besonderer Moment, ein sehr spezielles Ereignis. Mit der achten Generation begibt sich der Golf nun in die digitale Gesellschaft und rollt als Tablet auf Rädern zu den Kunden.“ Gleichzeitig kommt das neue Modell mit allen aktuellen Antriebsoptionen auf den Markt. Hybridtechnik, Erdgasantrieb und auch Dieseloptionen stehen in der Angebotspalette. Eine batterieelektrische Variante bringt Volkswagen im neuen Elektromodell ID 3 in der zweiten Jahreshälfte 2020 auf den Markt.

Das Design der achten Golf-Generation ist, wie von Volkswagen gewohnt, eine Weiterentwicklung der mit dem Golf 2 eingeführten Formensprache. Auch dieser Golf ist auf Anhieb als Golf zu erkennen, und nichts anderes wollte die Wolfsburger Kreativabteilung erreichen. Damit liegt sie vermutlich auf der Linie ihrer Kundschaft. Die neue Silhouette ist nun etwas gestreckter, und dank des flacheren Dachs wirkt der jüngste Golfableger in der Tat sportlicher und schnittiger als seine Vorgänger. Die wahren Veränderungen spielen sich allerdings im Inneren ab. Dort spendierten die Volkswagen-Entwickler dem Auto ein vollkommen neues Bedienkonzept, das ganz dem digitalen Alltag der „Generation Golf“ entspricht.
Die Frage, ob die achte womöglich auch die letzte Golf-Generation ist, blieb ungestellt. Sie hätte die euphorische Stimmung an diesem Abend doch zu sehr gestört.