Mini Cooper S sorgt für Adrenalinstöße

Seit mehr als einem halben Jahrhundert, genau seit 56 Jahren, rollt er als britischer Volkswagen über den Asphalt. Der Mini des Jahres 2015 hat noch immer die Gene des Ur-Vaters. Seit der Jahrtausendwende ist aus dem Engländer allerdings ein echter Bayer geworden. Damals übernahm BMW den angeschlagenen Hersteller und hat dem Kleinwagen den Kult-Status zurück gegeben. Wir hatten das Spitzenmodell der Baureihe im Fahrtest. Der Mini Cooper S ist schnell, teuer, liegt wie ein Brett und bietet mehr Komfort als je zuvor.

Rückblende. Dorfkirmes in den Sechzigern und Siebzigern: Die Blasmusik im Festzelt interessiert nicht. Die Jugend versammelt sich an einem etwa zehn mal 20 Meter großen Rechteck, an dessen Ecksäulen aus wuchtigen Lautsprechern Rock- und Popmusik dröhnt. Die jungen Leute sind fasziniert über die Wendigkeit der sich auf dem glatten Boden bewegenden Fahrzeuge. Bis heute haben die Auto-Scooter-Fahrgeschäfte in den Vergnügungsparks nichts an Anziehungskraft verloren.

Kurze Zeit später. Die ersten Go-Kart-Bahnen eröffnen. Wir Jungs werden zu Möchtegern-Rennfahrern, beweisen uns Mann gegen Mann.

Jahrzehnte später: einsteigen in einen Mini, den Starterknopf drücken (damals war’s ein Chip), satter Sound (viel schöner als früher) und ein durchaus vergleichbares Ansprechverhalten des Gaspedals erleben.

Die Beschleunigung des Autos fasziniert – damals den Heranwachsenden, heute den Best Ager. In weniger als sieben Sekunden sprintet der Kleinwagen aus dem Stand auf 100 km/h. Die ersten Kurven: Das Feeling ist komplett. Und dabei muss sich der gestandene Mann hinter dem Lenkrad doch gar nichts mehr beweisen.

Ein Adrenalinstoß nach dem anderen lässt aus dem Senior allerdings wieder den jugendlichen Draufgänger werden, der sich zwar schnell wieder selbst einfängt, aber doch nicht verhindern kann und will, die Grenzen der Maschine auszutesten.

Und die sind im Mini Cooper S weit gezogen. Gewiss lässt sich trefflich darüber streiten, wieviel Sinn es macht, für mehr als 37 000 Euro ein kleines Auto zu kaufen, in dem eigentlich nur zwei Personen Platz haben (im Fond reicht’s auf mittleren und längeren Distanzen wohl nur zur zusätzlichen Ablage des Gepäcks, das nun wirklich nicht mehr in den immerhin 211 Liter fassenden Kofferraum passen will). Das Fahrgefühl aber ist nicht anders zu umschreiben: phantastisch. Die äußerst leistungsfähige und von BMW eingebaute Technik mit neuem und in verschiedene Modi einstellbarem Fahrwerk, 192 PS und einem Drehmoment von 300 Newtonmetern zwischen 1250 und 4750 Kurbelwellenumdrehungen ist dafür verantwortlich und relativiert den Anschaffungspreis merklich.

Im Mini Cooper S der dritten Generation ist das Interieur neu gestaltet worden. Das Zentralinstrument sitzt immer noch mittig im Cockpit, der Tacho wanderte aber hinter die Lenksäule. Der „Arbeitsplatz“ des Fahrers ist durch und durch sportlich angelegt. (Foto: BMW)
Im Mini Cooper S der dritten Generation ist das Interieur neu gestaltet worden. Das Zentralinstrument sitzt immer noch mittig im Cockpit, der Tacho wanderte aber hinter die Lenksäule. Der „Arbeitsplatz“ des Fahrers ist durch und durch sportlich angelegt. (Foto: BMW)

Der Mini Cooper S legt bis zu einer Maximalgeschwindigkeit von 235 km/h Fahrwerte auf die Straße, die jedem Sportwagen zur Ehre gereichen. Er schnippelt und zirkelt um die Kurven, als gäbe es keine physikalischen Gegebenheiten. Die schwungvolle Form des „S“ auf dem Stummelheck des Autos hätte nicht anders gestaltet sein dürfen. Sie symbolisiert optimal den möglichen Charakter der Sportskanone, während der einfach gestaltete Schriftzug „Mini“ verdeutlicht, dass ein ganz normales Auto bewegt wird, mit dem es sich auch trefflich über Landstraßen cruisen lässt.

So oder so: Der Mini Cooper S ist eine Fahrmaschine. Optisch nicht revolutionär (oder nach 56 Jahren Bauzeit vielleicht gerade doch), aber allemal ein Hingucker. Ein Auto jedenfalls, das nur diejenigen beurteilen können, die es er-fahren haben. Und gerade auch das selbstbewusste Understatement ist es, das den Jungen von damals und den Senior von heute nicht nur ins Schwärmen, sondern ins Träumen versetzt.

Die Münchener Autobauer haben die unter ihrer Ägide dritte Mini-Generation nicht neu erfunden, sondern behutsam verbessert. Sie installierten größere Scheinwerfer sowie Rückleuchten und dekorierten das Interieur leicht um. Der Tacho sitzt jetzt hinter der Lenksäule, mittig im Cockpit geblieben sind das tellergroße Zentralinstrument und die darunter sitzende Kippschalterleiste. Die Schalter für die Fensterheber wanderten indes dorthin, wo sie hingehören: in die Türverkleidungen.

Bei den Materialien und der Verarbeitung hat BMW mit der jüngsten Mini-Generation eine Schippe draufgelegt. Das Interieur sieht nicht nur hochwertig aus, es fühlt sich auch so an. Die neuen Sportsitze sorgen für deutlich mehr Komfort und sicheren Seitenhalt.

Das Sahnehäubchen aber ist in unserem Testwagen der 192 PS-Motor (Euro 6-Norm) mit der optionalen und zur Auto-Charakteristik durchaus passenden Wandlerautomatik (1700 Euro). Im manuellen Modus arbeitet der Automat so zackig wie ein Doppelkupplungsgetriebe, satter Auspuffklang inklusive. Den Spagat zwischen Effizienz und Sportlichkeit unterstützt auch die optionale Start-/Stopp-Automatik (150 Euro inklusive Lenkrad-Schaltwippen). So schluckt der Mini Cooper S akzeptable 7,3 Liter Super auf hundert Kilometern (Werksangabe 5,4 Liter).

Mit weiteren eingebauten Assistenzsystemen summiert sich unser Fronttriebler schließlich auf 37 140 Euro. Damit liegt er 13 340 Euro über dem Einstiegspreis. Ob Parkassistent und Rückfahrkamera, adaptive Geschwindigkeitsregelung oder Verkehrsschilderkennung im Cooper S Sinn machen, muss jeder Kunde selbst entscheiden. So oder so bleibt der Mini eine puristische Fahrmaschine und ein trendiger Premium-Kleinwagen, der vielleicht nicht das Kind, aber den jungen Mann im Seniorenalter wieder weckt.